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Greenwashing & Werbelügen – Achtung Irreführung!

Greenwashing & Werbelügen - Achtung Irreführung!

Vor allem bei Lebensmitteln und Kosmetika wird mit Bezeichnungen nicht gespart, die ein positives Image vermitteln. Da wird mit dem nicht geschützten Ausdruck „regional“ um sich geworfen, wo lange Transportwege dahinterstehen. Andere Produzenten schmücken ihre Produkte mit Adjektiven, wie „natürlich“ oder „sensitiv“ und suggerieren damit Attribute, die von der Realität weit weg liegen. Denn solche Begriffe sind oft nicht mehr als ein Werbeslogan.

Den Vogel abgeschossen hat kürzlich zum Beispiel Coca-Cola mit seinem „Smartwater“. Das Mineralwasser wird als „von Wolken inspiriert“ teuer verkauft – ohne jeglichen Mehrwert. Dafür heimste das Unternehmen den „Goldenen Windbeutel 2018“ ein, einen Preis für die dreisteste Werbelüge initiiert von der Organisation foodwatch. „Coca-Cola betreibt dreiste Verbraucherabzocke mit dem Grundnahrungsmittel Nummer Eins. Um den Verbrauchern das Geld aus der Tasche zu ziehen, hat sich Coca-Cola ein hanebüchenes Bearbeitungsverfahren ausgedacht, das wissenschaftlich klingt, aber völlig unsinnig ist. Das ‚Smartwater‘ ist einfach nur ein schnödes Wasser, teuer verkauft“, sagt Sophie Unger von foodwatch. Weitere Windbeutel-Preisträger der letzten Jahre waren unter anderen der Trinkjoghurt Actimel von Danone, die Milch-Schnitte von Ferrero, ein Instant-Tee für Kinder von Hipp und ein überzuckerter Babykeks der Firma Alete. Gemeinsam haben die Produkte, dass sie etwas anderes suggerieren, als sie tatsächlich bringen.

„Die geltenden Kennzeichnungsregeln machen es Verbraucher*Innen schwer, im Supermarkt durchzublicken – und ermöglichen es den Herstellern, ganz legal zu tricksen und zu täuschen. Viele Punkte müssten auf EU-Ebene angegangen werden, zum Beispiel die Einführung einer verpflichtenden Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen. Die Regierungen von Frankreich und Belgien haben die verbraucherfreundliche Nutri-Score-Kennzeichnung auf nationaler Ebene bereits eingeführt. Mit dem Nutri-Score können Verbraucherinnen und Verbraucher auf einen Blick erkennen, wie ausgewogen ein Produkt ist. Als gesund beworbene Zuckerbomben würden damit automatisch entlarvt“, so Sarah Häuser von foodwatch. „Vertrauen kann man allerdings auf den geschützten Begriff „Bio“ (aber nur bei Lebensmittel!). Wenn ein Lebensmittel die Begriffe „Bio“ oder „Organisch“ auf der Verpackung führt, dann muss es auch nach Biostandard produziert worden sein“, erklärt Martin Wildenberg von Global 2000.

Die Tricks der Kosmetik-Hersteller

Allzu oft wird der Konsument auch von der Kosmetikindustrie an der Nase herumgeführt. Ein Produkt „mit 100 % natürlichem Lavendelöl“ enthält oft gerade mal ein Tröpfchen des hochwertigen Stoffs. Trotzdem wird plakativ damit geworben. Ein Blick auf die Zutatenliste (INCI) bringt dann aber doch meist die Wahrheit hervor – wenn auch nur die halbe Wahrheit, dazu später mehr. So findet sich etwa in einem Duschgel „mit 100 % natürlicher Olive“ die Zutat Olivenöl an 18. Stelle der nach Menge gereihten Inhaltsstoffe, gefolgt nur noch von Duft- und Farbstoffen sowie Konservierungsmitteln. Selbst Mikroplastik ist mengenmäßig stärker vertreten. Konkret findet sich im Produkt weniger als 0,5 Prozent Olivenöl. „Das Wörtchen ‚mit‘ ist mit Vorsicht zu genießen. Denn nur weil es „mit einem gewissen Inhaltsstoff“ beworben wird, ist das Produkt noch lange nicht besser. Denn es steht ja nicht plakativ darauf, was noch alles drinnen ist – zum Beispiel an Konservierungsmitteln“, sagt Willi Luger, Gründer und Geschäftsführer des Naturkosmetik-Unternehmens CulumNatura.

Grundsätzlich sind auf der INCI-Liste alle Zutaten von Kosmetikprodukten angegeben. Jene, die zu mehr als ein Prozent enthalten sind, müssen auch nach ihren Gewichtsanteilen gereiht werden. Findet sich die besonders beworbene Zutat also weit hinten auf der Liste, kann man davon ausgehen, dass es sich um (sehr) geringe Mengen handelt, die in dem Produkt sind. Doch nun zur halben Wahrheit: Ist weniger als ein Prozent von einer Zutat enthalten, müssen diese untereinander nicht nach ihrem Gewicht gereiht werden. Das bedeutet: Die Inhaltsstoffe, die weniger als ein Prozent betragen, können nach jenen von denen mehr enthalten ist, beliebig angereiht werden. So kann zum Beispiel ein Jojobaöl, von dem nur 0,5 Prozent enthalten ist, weiter oben in der Liste stehen, als beispielsweise ein Paraben, von dem 0,99 Prozent enthalten ist. Damit entsteht der falsche Eindruck, dass vom Paraben weniger enthalten ist, als vom wertvollen Öl.

Aber die Tricks gehen noch weiter: „Oft werden extra mehrere verschiedene Konservierungsmittel in das Produkt gemischt. Damit hat zwar das Produkt insgesamt mehr Inhaltsstoffe, aber von den einzelnen Konservierungsmitteln muss nur ein geringer Anteil angegeben werden, so dass die Konservierungsmittel möglichst weit nach unten in der INCI-Liste wandern“, erklärt Luger. So werden Verbraucher in die Irre geführt und nicht selten greifen sie dadurch zum falschen Produkt. Deutlich wird das beim Begriff „sensitiv“. Wir vertrauen darauf, dass „sensitive“ Kosmetika für die sensible Haut geeignet ist. Doch: „Sensitiv – das ist nichts anderes als ein Werbeslogan, ohne Aussage und ohne Substanz“, sagt etwa die Toxikologin Marike Kolossa vom deutschen Umweltbundesamt dem SWR, der in einem Verbrauchermagazin zahlreiche „sensitive“ Cremen und Lotionen getestet hat und zu dem Ergebnis kam, dass „sensitive“ Kosmetikprodukte oft der Haut mehr schaden können, als nutzen. Luger: „Ich glaube nicht, dass man diese Problematik allzu bald mit Gesetzen in den Griff bekommen wird. Deshalb ist es umso wichtiger, Verbraucher zu dem Thema zu sensibilisieren.“

Problem Greenwashing

Für viele Produkte wird auch gerne mit Nachhaltigkeit geworben, letztlich ohne echte Verbesserungen für die Umwelt. Etwa Stromanbieter, die gerne mit „Grünstrom“ werben, insgesamt aber nach wie vor eine negative Öko-Bilanz aufweisen. Oder der „Öko Tank“ eines Heizölunternehmens, gegen den Global 2000 beim Werberat Beschwerde eingereicht hat. Ohne Erfolg, da sich der Werberat als nicht zuständig erklärte. „Die Regierung soll endlich dafür sorgen, dass die Konsument*Innen auch in Österreich gegen Greenwashing vorgehen können bzw. Rahmenbedingungen schaffen, die sie wirksam gegen diese Art von Betrug schützen. Wie so oft zeigt sich, dass Maßnahmen, die auf freiwilligen Vereinbarungen beruhen, nicht ausreichen schützen“, sagt Martin Wildenberg. Hinzu komme, dass dieses Vorgehen auch jene Unternehmen benachteiligt, die innovativ und fair handeln, da sie einen massiven Wettbewerbsnachteil in Kauf nehmen müssen. Das schade auch dem Wirtschaftsstandort, so Wildenberg. Er rät: „Aufmerksam sein – glauben Sie keiner Werbung! Nie.“

Foto/Video: Foodwatch.

Geschrieben von Karin Bornett

Freie Journalistin und Bloggerin in der Option Community. Technikaffines Labradorfrauchen mit Leidenschaft für Dorfidylle und Faible für urbane Kultur.
www.karinbornett.at

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